Ein gläubiger Jude befolgt in seinem Alltag 613 Gebote (Mitzwot) der jüdischen Bibel. Fromme Juden tragen hierzu einen Gebetsmantel mit Schaufäden (Zizit), deren Anzahl sie an die Mitzwot erinnert. Diese und viele weitere Grundsätze jüdischen Glaubens lernten wir am 6. November bei unserem Rats meets Rats-Besuch in der Jüdischen Synagoge in Münster kennen.
Ruth Frankenthal, Veranstaltungsleiterin und Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Münster, informierte uns zunächst über die Geschichte der Jüdischen Gemeinde. Die alte Synagoge in Münster wurde in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 zerstört und konnte 1961 durch Unterstützung der Familie Goldenberg an der Promenade wiedererrichtet werden. An die Zeit des Nationalsozialismus erinnert ein Gedenkstein im Innern der Synagoge.
Im Gebetsraum der Gemeinde lernten wir die Einzelheiten des Jüdischen Gottesdienstes kennen: Männer müssen dort eine Kopfbedeckung (Kippa) tragen. Je kleiner die Kippa ist, desto strenger ist die Religionsausübung des Trägers. In der jüdischen Gemeinde in Münster sitzen während des Gottesdienstes männliche und weibliche Gläubige getrennt. Für die Feier eines Gottesdienstes werden zehn männliche Gläubige benötigt, was die Gemeinde insbesondere in ihrer Neugründungszeit nach 1945 vor große Herausforderungen stellte. Nur männlichen Gemeindemitgliedern ist es gestattet, aus den Gebetsrollen (Thora) vorzulesen. Die prachtvoll gestalteten Thora-Rollen dürfen beim Vorlesen nicht berührt werden.
Da die Gebetsrollen in Hebräisch geschrieben sind und somit keine Vokale enthalten, ist beim Vorlesen auch die Kenntnis erforderlich, welcher Vokal zu setzen ist. Hierbei assistiert ein weiteres männliches Gemeindemitglied, dem der Bibeltext mit Vokalen vorliegt. Ein Vertreter der Besuchergruppe durfte sich hierbei als Vorleser an der vokalisierten Version versuchen!
An dieser Veranstaltung haben nicht nur die Eltern des Ratsgymnasiums teilgenommen. Die Gruppe wurde ergänzt durch Lehrerinnen, Lehrer und Schüler(innen), welche sich am Ratsgymnasium maßgeblich für die Initiative Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage engagiert haben sowie durch Vertreter der Interkulturellen AG. Es gab somit insgesamt 75 Anmeldungen – eine beeindruckende und höchst erfreuliche Anzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern!
Unser besonderer Dank gilt Ruth Frankenthal, die trotz der Größe der Gruppe die Veranstaltung souverän und mit viel Humor geleitet hat!
Georg Hüsing
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